Benjamin Boyce – Das letzte Gefecht

03.02.2001: In einem Örtchen zwischen Hier und Nirgendwo ging selbst im tobenden Schneesturm für eine Stunde die Sonne auf! In memorian … immer wieder schön, auch ist dieses Konzert schon 16 (!!!) Jahre her.

Aktuell tobt Ben sich solo enorm auf den Bühnen aus und schreibt die besten Songs, die ich je von ihm gehört habe. Toppertje, sag ich ja.

Bremervörde/Glinde, 03.02.2001, durchgefroren on the road durch eingeschneite Alleen, flammende Herzen um Mitternacht: Benjamin Boyce aus Köln kam live on stage noch einmal voll auf Touren, bevor er eine verdiente Kreativitätspause einlegte. Mit dabei waren Maniac, seine Live-Band, von der wir sicher auch noch hören werden.

Kurz nach 20 Uhr öffnete die Diskothek Haase in Glinde/Bremervörde ihre Tore für die Killerfans aus ganz Deutschland und Umzu. Bedingt durch einen wütenden Schneesturm im ganzen Winterwonderland konnten einige Leute leider nicht anreisen. So konnte eine kleine, recht gesellige Truppe von ca. 40 oder 50 Leuten Benjamins Auftritt in vollen Zügen genießen. Recht gemütlich der Handel!

Kurz nach Öffnung der heiligen Pforten gab „Dominee Boyce“ seinen treuen „Schäfchen“ eine Audienz, die bis zu Konzertbeginn gegen Mitternacht andauerte. Benjamin nahm sich für jeden unglaublich viel Zeit, babbelte fröhlich vor sich hin, gab Unmengen von Autogrammen, ließ sich brav ablichten und das ein oder andere Beck`s sichtlich munden (Hoppa Ben! Für`s nächste Mal: Beck`s nur auf ex!). Die ganze Atmosphäre war sehr relaxt.

Als gegen halb eins die Sonne der Nachteulen aufging (sprich: Stage-Beleuchtung), kam auch endlich die singende Nachtigall auf Touren. Die „Jungs“ checkten noch eben das Equipment, die Luft hing voller Erwartungen, durch die verbreiteten Gerüchte auf dem Damen-WC, dort teilweise auch voller Tränen. Maniac kamen auf die Bühne und fetzten gleich mit „A new dimension“ los, der Meister persönlich hastete auf die Bretter, die die Welt bedeuten und brach tausend kleine Eiskristalle, die sich durch das Unwetter draußen um mein Herz gelegt hatten, schon vor dem ersten Refrain, vielleicht auch durch ein gewisses Blend-a-dent-Lächeln, was nun viel relaxter und nicht so einstudiert wirkte wie zu CITA-Zeiten. Vielleicht war auch einfach nur die von Benjamin und Maniac mega-genial performte Version von „Nobody`s wife“ Schuld. Ich als eingeschworener Anouk-Fan krähte aus Bauch und Seele mit, yes!  Dass Mister Boyce nicht nobody`s wife ist, will ich gerne glauben, dafür ist er nicht Hexe genug, „`cause it ain`t the first time that a man goes insane … It`s too bad, but that`s me“, haha! Das Gerücht, „Heutzutage wäre Musik Lärm mit Copyright“ hat sich von daher absolut nicht bestätigt. Es folgten fast alle seine Nummern, u. a. einer meiner persönlichen Favoriten „Move it around“ (YES, sei artig, und du wirst einsam sein … ha ha), der Abrechnungs-Kracher „Change“ (Come to the point Ben!). Bei „10.000 Light Years“ fragte ich mich, ob es eigentlich auch  gute Lala in anderen Galaxien gibt. Hoffentlich wird diese Frage nicht mehr allzu lange offen bleiben. Auch dabei „A new day“, dieses Mal mit mega-genialen Gitarren-Riffs vom Maniac-Gitarristen, wow!. Es folgten „Why“, das er zusammen mit seiner Schwester Natalie geschrieben hat, stimmen- und hookline-technisch 1. Sahne und die etwas traurige Nummer „The flowers beside you“, welche einige für ein Liebeslied hielten, in einem etwas härteren Gewand rübergebracht, der Lind-Klassiker „Messing with me“ unter dem Motto „sich die Seele aus dem Leib kotzen“. Bei „No more heroes“ habe ich meinen Lieblingssatz vermisst …  aber wir wissen seit Glinde, dass Benjamin auch lekker (ja, mit 2 k) schreien kann, ha ha.

„Lonely“ war auch ein allerletztes Mal dabei. Leider darf Benjamin diesen Song nicht mehr performen, weil er sich von seiner Plattenfirma Sony getrennt hat. Sünde nenne ich so was, echte Talentverschwendung! Ohne solche Musik wäre das Leben doch echt ein Irrtum. Der Text ging auf jeden Fall sehr unter die Haut. Schade, dass aufgrund von Kompetenzgerangel solche Songs aus der Tracklist gestrichen werden müssen. Bei BenjaminsTexten lohnt es sich wirklich, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen. Als Zugabe präsentierten die Herren u. a. dann noch den Oldie „Le Freak“, wobei ich diese Ausführung doch sehr strange fand, aber gut, kein gewöhnliches Cover, sondern eine fast neue Version, gewöhnungsbedürftig für einen Oldtimer wie mich. Benjamin hat während dieser Performance doch sehr durchblicken lassen, dass er nun eine härtere Richtung einschlägt, prima! In ihm schlummert scheinbar auch Kabarett-Talent, auch wenn er den korrekten Text vielleicht noch mal nachlesen sollte … Ließ er doch das zahlende Publikum für sich singen. Das wollen wir mal nicht einreißen lassen … Kabarett vielleicht als Alternative neben der Malerei? Freak out!

Benjamin war den Abend über am Flirten, und in seinen Bambi-Augen spiegelte sich der pure Unsinn (Rinderwahnsinn?) wieder, er wirkte zeitweise ein wenig abgetickt, aber auf eine nette sowie sympathische Art und Weise. Die Männer mit den weißen Westen musste nicht anrücken …

Zum Schluss gab Benjamin noch ein Statement ab: Er wird eine Zeit lang pausieren, um Zeit zum Songschreiben zu finden, um sich bei anderen Plattenfirmen vorzustellen und einen fairen Vertrag einzuheimsen. Es wäre schön, wenn die Vertragspartner dieses Mal Fairplay betreiben würden. Ich drücke beide Daumen, autsch, auch weiß ich, daß man in diesem Business meistens durch die Hölle gehen muss! Absolutement! Weiterhin wird er wohl nicht mehr zusammen mit Maniac auftreten, was ich schade finde, weil diese Truppe ein verdammt gutes Team war, sechs musikbesessene, nette Teufel, die scheinbar aus dem gleichen Bauch der Muse geboren wurden.

Nach Ablauf dieser Erscheinung aus Outer Space traf man sich noch auf der Tanzfläche. Ausgang unbekannt … Hier muss die journalistische Berichterstattung einfach mal einen Punkt setzen und höflich schweigen.

Fazit dieser Nacht im eingeschneiten Glinde: Benjamin hat die Pfannen von den Dächern, die Sterne vom Himmel gesungen, Gott sei Dank nicht noch mehr Schneelawinen! Sound und Texte, die sich in Herz, Kopf, Seele und Blut eingeschlichen haben und dort noch immer festsitzen und pulsieren noch stets, Musikvitamine pur, gegen jede Boykie-Grippe anwendbar! Ich hatte den Eindruck, dass Ben wohl sehr an seiner Stimme und vor allem an der Tonlage gearbeitet hat. Seine Stimme klang viel geschmeidiger und sicherer als früher, auch war die Tontechnik scheinbar während des Gigs auf Urlaub irgendwo in Shimala-Luga-La-Land. Benjamin hat gezeigt, dass er eine Menge drauf hat, wahrscheinlich könnte er auch eine Speisekarte komponieren … Check it out! Ha, ha. Das Beste muss noch kommen, Benjamin Boyce ist schon lange unterwegs dahin. Er kam rüber wie ein Engel, dessen Flügel schrumpften, während seine Beine wuchsen. Manchmal muss man Abstand gewinnen, um weiter sehen und vor allem gehen zu können. Ich bin schon gespannt, denn nichts kann zweimal verbrannt werden, auch ein Musikerherz nicht. Träume nicht Dein Leben – lebe Deinen Traum, Benjamin! Du wirst immer ein „Toppertje“ bleiben, soviel ist sicher! Wann krähen wir „Nobody`s wife“ im Duett???

Ich habe noch ein ganzes Kuvert voller Fotos von diesem Abend. Ausgedruckte Fotoabzüge, so richtig auf Papier, zum Anfassen. Unfassbar 🙂 Wenn ich mal Zeit habe, werde ich sie scannen und hier hochladen. Da sind echt einige Kracher dabei.

Frage an Dich: Warst Du in Glinde mit dabei? Erinnerst Du Dich noch? An was genau? Immerhin ist dieses Konzert jetzt schon 16 (!) Jahre her! Erzähl doch im Kommentarfeld unter dem Artikel ein wenig. Wir sind gespannt und freuen uns auf Feedback aller Art!

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Quelle & Fotos: Die Gourmetlette – Bettina Hahn – www.gourmetlette.de

© 04.02.2001, Tina Hahn, publiziert in FRIENDS MAGAZINE Benjamin Boyce, Nr. 2, August 2001. Dieses Review wurde im Auftrag von Mery Ammann, FC Change, Redaktion FRIENDS MAGAZINE Benjamin Boyce geschrieben.

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