Im Ausland schöne Dinge einkaufen & der „böse“ Zoll

Schon mal Zoll-Groll gehabt?

Wer von Euch kennt es nicht? Ihr sucht einen bestimmten Artikel im Internet und findet ihn bei ebay, Amazon & Co., dazu noch sehr günstig. Was macht Ihr? Ihr bestellt ihn schnell und freut Euch wie bolle, ein richtiges Schnäppchen gemacht zu haben. Und dann kommt eventuell, vielleicht, möglicherweise das böse Erwachen, wenn vom Zoll eine „Einladung“ kommt, „die große Freude“ abzuholen …

Was dann? Oh je?!

Da mich in den letzten Tagen relativ viele Leute angesprochen haben, wie sie sich verhalten sollen, da sie eine in Fernost bestellte Backform beim Zoll abholen sollen, die sie unwissend in China wegen des günstigen Preises bestellt haben, denke ich, es ist Zeit für diesen Blog!

Was prüfe ich vor einem Online-Kauf bei Händlern, die ihren Firmensitz nicht in Deutschland bzw. der EU (Europäische Union) haben?

  • Wo sitzt der Händler (Impressum) und vor allem, von wo aus wird meine Ware verschickt?
  • Wenn diese Angaben nicht klärbar sind, sollte man den Lieferanten, am besten schriftlich, kontaktieren und um Auskunft bitten. Gibt er keine verbindliche Rückmeldung, empfehlen wir, vom Kauf abzusehen und ggf. bei einem in der EU ansässigen Händler zu bestellen und eventuell ein wenig mehr zu bezahlen.
  • Befinden sich der Händler-Sitz oder der Versandpunkt nicht in der EU, müsst Ihr einiges beachten, um weder Streß mit dem Zoll zu bekommen, noch unverhofft viel mehr für Eure Bestellung zahlen zu müssen als gedacht!

Hier informiert der Zoll ganz ausführlich zum Thema „Internetbestellungen“.

Der Händler hat seinen Firmensitz außerhalb der EU bzw. versendet von einem Standort/einem Lager außerhalb der EU:

Alle Länder außerhalb der EU werden in Verzollungsdingen als Drittländer (Schweiz, Türkei, Fernost, USA, Kanada, Australien etc.) bezeichnet. In diesen gibt es nicht nur zu beachten, dass Eure Ware von Euch (und niemandem anders) verzollt werden muss, dass evtl. sogar eine Einfuhrsteuer erhoben wird oder der Artikel gar einem Einfuhrverbot unterliegt oder nur unter bestimmten Voraussetzungen eingeführt werden darf.

  • Waren mit einem Gesamtkaufpreis von unter 22,00 Euro (inkl. Versand- und Nebenkosten) sind steuerfrei und zollfrei.
  • Waren mit einem Gesamtkaufpreis über 22,00 € bis 150,00 Euro (inkl. Versand- und Nebenkosten) sind zollfrei, unterliegen aber der Einfuhr- und/oder Verbrauchssteuer, die Ihr bezahlen müsst.
  • Waren mit einem Gesamtkaufpreis über 150,00 € (inkl. Versand- und Nebenkosten) müssen von Euch verzollt und versteuert werden.

Sendungen mit geringem Wert — Einfuhrabgabensätze des Zolls

Mehr zu Zollpräferenzen, Präferenzen im Postverkehr, Zollbegünstigungen, Präferenznachweise und Gegenwerte in Landeswährung erklärt der Zoll auf seiner Webseite.

Wenn man z. B. mehrere Artikel zum gleichen Zeitpunkt kaufen möchte, damit aber die Freigrenzen überschreiten würde, sollte man Woche für Woche in Etappen bestellen.

Bitte beachtet auch, dass oben beschriebene Käufe in der Regel nicht von den hier üblichen Garantiemöglichkeiten profitieren. Sollte etwas defekt ankommen oder (in der hier bekannten Garantiezeit) kaputt gehen, habt Ihr normlerweise keinerlei Ansprüche gegenüber dem Verkäufer. Wenn er Euch einen solchen Artikel ersetzt, dann aus Kulanz.

Hier könnt Ihr einiges dazu nachlesen.

Viele Artikel aus Fernost sind minderwertig verarbeitet, ab und an nicht einmal in Deutschland zugelassen. Achtet am besten immer auf das CE-Kennzeichen auf der Ware, welches Ihr bei Importen aus Fernost aber eher sehr selten finden solltet.

Einige in Deutschland ansässige Kaufplattformen behandeln Drittlandskäufe über ihr Portal, die nicht von ihnen direkt, sondern von einem Dritten vorgenommen werden, sehr unterschiedlich.

ebay weist z. B. nur darauf hin, dass es sie an sich nichts angeht. Die Importinformationen für Kaufwillige sind eher als minderwertig zu betrachten, auch ist ebay sicher eine der Vermittler, die einen arg großen Anteil an Drittlandshändlern im Programm hat.

Amazon ist da schon kundenfreundlicher eingestellt. Hier gibt es vernünftige Informationen, was Ihr beachtet müsst, wie solch ein Kauf bei einem Marketplace-Händler über Amazon abläuft.

  • Bei Amazon sollte man als erstes schauen, wer der Verkäufer ist, diesen anklicken und seine Verkäuferinformation/sein Impressum prüfen.
  • Sitzt er in der EU, ist alles schick
  • Sitzt er nicht in der EU, prüft bitte, ob er direkt den Versand vornehmen wird oder ob der Versand durch Amazon aus einem Amazon-Lager in der EU erfolgen wird.
  • Wenn Amazon direkt den Versand vornehmen wird, ist die Ware bereits verzollt worden und wird aus einem EU-Lager verschickt werden. Also auch alles schick.

Da es leider in der Amazon-Info nicht ganz ersichtlich ist, ob die Waren, die aus einem Amazon-Lager kommen bereits verzollt wurden bzw. ob dieses Lager in der EU liegt, habe ich per Chat Kontakt mit Amazon aufgenommen. Hier wurde mir explizit bestätigt, dass von Amazon versendete Waren generell verzollt worden sind, so dass Ihr damit nichts mehr zu tun haben werdet. Diesen Chat habe ich archiviert, möchte ihn hier aber nicht veröffentlichen. Witzigerweise hat der Kundenservice diese Art Frage zum allerersten Mal bekommen 🙂

Apple ist z. B. auch ein sehr zoll-humoriger Kandidat: Man bestellt auf der deutschen Apple-Website etwas, die Ware kommt dann eventuell aus einem Drittland (z. B. USA), die Rechnung beispielsweise aus Irland. Da ist das Chaos perfekt. Hier empfehle ich, bei einem Apple-Händler Eures Vertrauens in Deutschland einzukaufen und nicht beim Hersteller direkt. Die Preise sind meistens identisch oder minimal höher.

Ihr habt in einem Nicht-EU-Land etwas bestellt und bekommt vom für Euch zuständigen Zollamt eine „Einladung“, die Ware dort abzuholen. Was tun? Auf jeden Fall nicht erschrecken, denn Ihr könnt Euch entsprechend vorbereiten:

Wenn Ihr bewusst etwas in einem Drittland gekauft habt, kümmert Euch am besten vor dem Kaufabschluß darum, dass der Händler Euch eine Rechnung zukommen lässt, die

die Ihr auch erst bezahlt, wenn sie denn Punkt 1 und 2 erfüllt.

Der Ware sollte der Händler in einer auf dem Paket aufgeklebtem Lieferscheinhülle eine sogenannte commercial invoice„, auch bekannt als „Handelsrechnung“ beilegen, die der Zollbeamte entnehmen und zur Kenntnis nehmen darf. Handelsrechnungen sind keine Rechnungen, die Ihr bezahlt, sondern dienen nur zum Nachvollziehen des Warengesamtwerts für den Zoll.

Bekannt ist, dass Händler aus China gerne niedrigere Summen dort eintragen als die, die Ihr bezahlt habt. Grund ist deren Export-Begrenzung (Jahressummen pro Händler), die sie so ggf. versuchen, zu umgehen. Vergleicht also beim Abholen unbedingt die Summe auf Eurer Rechnung und der commercial invoice. Zoll und Steuern werden auf jeden Fall nach den Angaben in der Rechnung berechnet werden, die Ihr letztendlich wirklich bezahlt habt.

Bitte weist den Lieferanten auch darauf hin, dass er eine wahrheitsgemäße Zollinhaltserklärung auf das Paket kleben muss.

Zum Besuch beim Zollamt nehmt bitte unbedingt die folgenden Unterlagen gleich mit, damit Ihr kein zweites Mal dort hinfahren müsst. Meistens sind die Zollämter ja leider einiges an Kilometern von Euren Wohnorten entfernt, was natürlich ärgerlich ist.

  • Bestell-/Kauf-/Auftragsbestätigung
  • Rechnung, die Ihr bezahlt habt
  • vorsichthalber, wenn vorhanden, auch den Bankbeleg über Eure Zahlung

Dann sollte es keinerlei Probleme geben. Der Zollbeamte wird Eure Ware an Euch übergeben, und Ihr dürft Euch freuen! 🙂 Schlimmstenfalls müsst Ihr noch Zollgebühren und Einfuhr- und/oder Verbrauchssteuer entrichten, das war es dann aber auch.

Ich habe witzigerweise aktuell auch wieder einen Lapsus geschossen: Ich habe eine super coole Pancake-Form in China bestellt, die auch definitiv zoll- und steuerfrei ist, da sie extrem günstig war. Ich dann so, ja, schreibe ich mal den Händler an und bitte vorab um die Rechnung, damit ich diese ggf. gleich zum Zoll mitnehmen kann und nicht lange darauf warten muss. Dieser „Händler“ entpuppte sich jetzt als Privatverkäufer, da er sich erst selbständig machen wird, somit noch keine USt.-ID hat, somit keine Rechnungen schreiben kann … Der Lieferant schrieb mir schnell und nett, dass er bisher keinerlei Probleme mit Sendungen nach Deutschland gehabt hat, ich schlimmstenfalls den Artikel nicht annehmen und an ihn zurücksenden lassen sollte, für mich kostenfrei. Ich bin gespannt. 🙂

Update 21.04.2017: Auch dauerte die Lieferung 5 anstatt 4 Wochen, kam mein geliebter Pancake Maker nun an. Und wie es sich gehört, trug das Paket diesen Aufkleber:

Für Musiker und PR-Agenturen: Vor einigen Jahren hatte ich eine Künstler- und PR-Agentur am Start. Da war es üblich, dass meine Kunden/Künstler zum Bewerben ihrer Touren oder CDs bei europäischen Veranstaltern sogenannte PR-CDs an die Agentur senden, die diese dann (natürlich kostenlos) an die entsprechenden Stellen verteilt. Ein Musiker aus Kanada hat mir dann 50 Exemplare seiner aktuellen CD zukommen lassen, da er keine PR-Version hatte. Dem Paket hat er den Hinweis beigelegt, dass die CDs nur den Wert der Herstellung haben, den Wert, den er für das Pressen bezahlt hat, was ja auch Sinn macht und auch korrekt ist, da kein Verkauf mit Profit geplant oder gar erlaubt war. Dies hat er dem Hinweis ebenfalls beigefügt, auch eine unterzeichnete Erklärung meinerseits, dass ich mich daran zu halten habe. Holzauge sei wachsam. Leider hat der zuständige Zollbeamte in Deutschland aber den Hintergrund nicht nachvollziehen können und wollen, so dass er den Zollwert pro CD nach dem Verkaufspreis in Deutschland berechnen wollte. Zu der Zeit hatte Amazon eine einzige CD davon in stock, und das zu einem Hammer-Preis von ca. 65 €, offenbar eine Art Sammlerstück, sonst gab es sie hier noch gar nicht zu kaufen. Bei 50 CDs kam da einiges zusammen. Ich habe mich geweigert, die Ware anzunehmen und Zoll zu bezahlen. Wir haben es dann so gemacht, dass der Künstler 1 x pro Woche ein Kuvert mit 5 CDs geschickt hat, die auch problemlos angekommen sind. Dies ist ein legaler Weg, solche Probleme, die eigentlich gar nicht hätten aufkommen dürfen, zu umgehen.

Fazit sollte auf jeden Fall für jeden von Euch sein, dass Ihr bei einem Kaufwunsch die Tipps hier berücksichtigt und überlegt, ob das ganze Getue, der Weg, die Benzinkosten zum Zollamt und das Risiko, dass der Händler Euch hängen lässt, den günstigen Preis wert ist oder es doch Sinn macht, bei einem Lieferanten aus der EU zu kaufen. Bei hochwertigeren Artikeln ist dies auf jeden Fall dringend zu empfehlen. Jedem.

Bitte beachtet, dass gewerbliche Importeure ggf. weitere Dinge zu berücksichtigen haben. Die hier aufgeführten Infos sind eher für Privatleute zusammengestellt. Das Zollrecht ist eine Wissenschaft für sich, so dass sich viele Unternehmen gut geschulte Zollbeauftragte gönnen, damit bei Zollprüfungen alles reibungslos abläuft.

Leider ist es oft auch nicht ganz einfach, korrekte Rechnungen von Drittlands-Anbietern zu bekommen, die das deutsche Finanzamt anerkennt. Viele Nicht-EU-Händler sind oft gar nicht in der Lage, korrekte Rechnungen auszustellen. Da kaspert der Buchhalter dann gut und gern über Wochen mit denen herum, um dann irgendwann aufzugeben, weil es zeitlich nicht mehr machbar ist und vor allem unproduktiv geworden ist. Sowas geht gar nicht, passiert aber im Gewerbe-Alltag immer mal wieder gern.

Bei Amazon.de-Direktkäufen erlebte ich oft, dass die Ware z. B. aus Polen verschickt wurde (alles gut), dann aber die Rechnung von Amazon Luxemburg ausgestellt wurde, dazu eine USt.-ID aus einem weiteren Land genutzt wurde. Wenn ein Buchhalter dies verkassematuckeln soll, erreicht er ab und an seine Grenzen. Amazon sieht sich leider auch nicht in der Lage, diesen Zustand abzustellen oder gar Warentarif-Nummern zu benennen, die für die Intrastat-Meldung erforderlich sind. Bei vielen Kleinst-Elektronikartikeln ist das Ermitteln dieser Zolltarif-Nummer ein Job für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat. Es ist Glück, die richtige zu finden.

Ein tolles Werkzeug, was Eintarifierungen und Warentarif-/Zolltarifnummern angeht: Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik – Buchausgabe, auch als CD-ROM erhältlich. Ich bevorzuge die Printform, da ich da so herrlich meine kleinen Notizen machen und Klebezettel einbeppern kann 🙂

Und niemals nie … Solltet Ihr aus heiterem Himmel die Information vom Zollamt bekommen, dass dort eine Sendung auf Euch wartet, die Euch völlig unbekannt ist, nicht von Tante Erna aus Kanada stammt, die Euch überraschen möchte: Lasst Euch vom Zollbeamten mitteilen, wer der Absender ist, klärt dann bitte, was im Paket enthalten ist und entscheidet erst dann, ob Ihr es annehmen wollt, denn sobald Ihr die Zollsendung annehmt, steht Ihr mitten drin und seid für die Sendung voll verantwortlich, d. h. auch verpflichtet, Zölle und Steuern zu entrichten, ob Ihr wollt oder nicht. Sollte die Ware gar eine Ware sein, die für die Einfuhr nach Deutschland verboten ist … na denn …

Bitte nehmt zur Kenntnis, dass die Infos von uns auch nur reine Infos sind und keine zollrechtliche Beratung. Um 100 % sicher zu sein, setzt Euch bei kritischen Fragen immer mit dem Zoll direkt in Verbindung, bevor Ihr etwas kauft. Die Mitarbeiter dort sind in der Regel sehr nett und immer hilfsbereit!

Die hier zusammengestellen Informationen haben den Stand vom 26.03.2017. Das Zollrecht ändert sich auch regelmäßig, so dass zu empfehlen ist, dort direkt zu schauen, ob es Änderungen gibt, die Euch betreffen könnten.

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Quelle & Fotos: Die Gourmetlette – Bettina Hahn – www.gourmetlette.de

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